„Paris – Vorderwald“: 14 Haushalte im Vorderen Bregenzerwald mit 64 Personen haben im Mai 2019 vier Wochen lang probiert, den in Paris von der Staatengemeinschaft beschlossenen Klimazielen möglichst nahe zu kommen.
Dafür ließen die Teilnehmer Autos stehen und fuhren mit dem Rad oder Bus, sie testeten E-Bikes und E-Autos, genauso wie Gemüsekiste und regionales Fleischpaket, tauschten Leuchtmittel in effiziente Leuchtmittel, ließen sich beraten zu Stromeinsparung, Sanierung und PV-Anlagen, pflanzten Tannen, testeten Carsharing, erweiterten Gemüsegärten, probierten verpackungsfrei, secondhand und regionales einkaufen, veränderten ihre Urlaubspläne und -ziele, machten mehr Homeoffice, reparierten im Reparaturcafe, ….
Und haben es die Haushalte geschafft?
Um die Treibhausgasemissionen der Haushalte zu messen, wurde eine App auf Grundlage der Methode „Ein guter Tag hat 100 Punkte“ entwickelt und verwendet (www.eingutertag.org, kostenfrei im playstore und appstore verfügbar). Die 100 Punkte repräsentieren das Treibhausgasbudget, das jeder Mensch pro Tag nach den Pariser Klimazielen verursachen darf. Derzeit sind es im Schnitt 450 Punkte, die ein Bürger in Österreich verantwortet.
Die Familien starteten ihr Experiment mit einem Schnitt von sehr guten 168 Punkten. Im Laufe der vier Wochen sparten sie nochmal im Schnitt 30 Punkte ein und kamen mit 138 Punkten schon sehr nah an die 100 Punkte. Ein paar wenige schafften es auch. Die Rückmeldung war großteils: „Das ist kein Verlust von Lebensqualität, ganz im Gegenteil, das hat mir neue Horizonte eröffnet. Ich kann mir das sehr gut dauerhaft vorstellen.“
„Das ist kein Verlust von Lebensqualität, ganz im Gegenteil, das hat mir neue Horizonte eröffnet. Ich kann mir das sehr gut dauerhaft vorstellen.“
Wo wird es schwierig?
Es gab aber auch ganz klare Grenzen. Einhellige Meinung: „Mit Kindern und ohne Auto ist das kaum zu schaffen. Dazu sind die Wege zu weit und der ÖPNV nicht ausreichend.“ Alternativen sind hier Elektroautos und Carsharing – das Carsharingauto müsste aber unbedingt in fußläufiger Entfernung vorhanden sein. Die Alternative, Wege mit dem E-Bike statt mit dem Auto zurückzulegen, nahmen viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wahr.
Allerdings ist hier eine klare Empfehlung an die Verantwortlichen, mehr Radwege und damit auch mehr Sicherheit zu schaffen. Nur dann kann anderes Mobilitätsverhalten auch schon den Jüngsten vermittelt werden. Eine weitere Konfliktsituation mehrerer TeilnehmerInnen: Der Einkauf biologischer und regionaler Lebensmittel mit dem Fahrrad oder zu Fuß im heimischen Dorfladen ist oft mangels Angebot nicht möglich. Die Alternative wäre, weitere Anfahrtswege in Kauf zu nehmen – das widerspricht der Einstellung vieler Haushalte.
Und so manche der Teilnehmenden hat in Erstaunen versetzt, dass sich auch das Pendeln mit dem Bus über längere Strecken sichtbar in der Klimabilanz niederschlägt. Ein gut besetzter Bus ist zwar deutlich klimafreundlicher als das fossil betriebene Auto, aber umweltfreundlichere Antriebe der Busflotte könnten hier die Bilanzen ein gutes Stück voranbringen.
Ergebnis macht Mut
Die Ergebnisse von „Paris – Vorderwald“ geben Zuversicht, dass die Pariser Klimaziele zu schaffen sind. Der damit einhergehende Lebensstil bedeutet nicht Verzicht sondern Veränderung und Mäßigung – ein Leben, das eher dem menschlichen Maß entspricht als die gängige Forderung nach dem Maximum.
Der Öffentlichkeit vorgestellt wurde das Projekt am 12. November 2019 im ORF Landesstudio Vorarlberg. 200 Gäste verfolgten nach einem Vortrag von Ökonom Nico Paech die Erkenntnisse aus dem Projekt mit großem Interesse und beteiligten sich intensiv an der nachfolgenden Diskussion. Bild: Nina Broell.
Infos zu „Paris – Vorderwald“:
- Klimaziel von Paris: die Treibhausgasemissionen müssen bis 2050 auf null reduziert werden. Damit soll die Erderwärmung auf unter 2 °C gehalten werden.
- Weitere Infos energieregion-vorderwald.at, www.eingutertag.org.
- Zum Selber Ausprobieren: App „Ein guter Tag hat 100 Punkte“ kostenfrei im playstore und appstore erhältlich
- Das Projekt „Paris – Vorderwald“ ist ein Pilotprojekt der acht Gemeinden der Energieregion Vorderwald unterstützt durch den Klima- und Energiefonds und das Land Vorarlberg. Projektpartner ist Kairos aus Bregenz. Begleitet wird das Projekt von der Energieautonomie Vorarlberg, der Illwerke VKW Gruppe und vom Energieinstitut Vorarlberg.
Zuletzt aktualisiert am 19. November 2019