„Vor genau 30 Jahren flossen die ersten Abwässer in die Abwasserreinigungsanlage (ARA) Walgau. Damals wurde Abwasserreinigungsanlagen noch das Image von Umweltverschmutzern verpasst, speziell wenn der Ablauf ins Gewässer durch Reste von Farben aus der Textilveredlung gefärbt war. Heute ist allen klar, wie wichtig unser Beitrag zum Umweltschutz ist“, erklärt Betriebsleiter Anton Brunold und gewährt beim e5-VorOrt allen Interessierten einen Blick hinter die Kulissen der Anlage.
Milliarden Mitarbeiter im Dienste der Umwelt
Tagtäglich werden von Anton Brunold und seinen kleinen Helfern – Milliarden von Mikroorganismen -durchschnittlich 3.000 m3 Abwasser behandelt. Rund 3,5 Tage verweilt das eingeleitete Abwasser in der Anlage, wird dabei über mechanische, biologische und chemische Reinigungsstufen geführt, bevor es schließlich, zu mehr als 95% gereinigt, in den Vorfluter Ill geleitet wird. Dort erledigen die natürlichen Abbaumechanismen den Rest. Deshalb sind naturnahe Flussläufe auch so wertvoll.
Optimaler Reinigungsprozess
Für die biologische Behandlung des Abwassers durch die Mikroorganismen ist ein ausgewogenes Nährstoffverhältnis (v.a. Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor) entscheidend. Neben kommunalen wurden lange Zeit auch Abwässer eines im Verbandsgebiet ansässigen großen Textilveredlungs-betriebes in die ARA Walgau eingeleitet. Wie in anderen Regionen Vorarlbergs kam es durch Strukturveränderungen zum vollständigen Wegfall dieser Branche und der spezifischen betrieblichen Abwasserfrachten. Die eigentlich auf 50.000 EW (Einwohnerwerte) ausgelegte Anlage musste einen massiven Rückgang der Auslastung und gleichzeitig eine Störung des Nährstoffverhältnisses verkraften.
Das Problem konnte gemeinsam mit den regionalen Milchverarbeitungsbetrieben gelöst werden. Während die Entsorgung des Nebenprodukts Molke bei den Betrieben früher hohe Kosten verursachte (die Einleitung in den öffentlichen Kanal ist besonders wegen der Kanalschädlichkeit von Molke verboten), bringt es in der ARA Walgau das Nährstoffverhältnis wieder ins Gleichgewicht. Die Sennerei-Betriebe andererseits können die Molke gratis anliefern und ersparen sich Entsorgungskosten.
Möglichst effizienter Energieeinsatz
Mit der Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen an das gereinigte Abwasser ist der primäre Auftrag einer ARA klar definiert. Seit einigen Jahren werden von der Abteilung Wasserwirtschaft gemeinsam mit den ARAs des Landes aber auch die anlagenspezifischen Energiedaten erhoben und verglichen. Die ausgewiesenen Kennzahlen ermöglichen Rückschlüsse über die Energieeffizienz der Anlagen und die (verbesserte) Nutzung vorhandener Potentiale zur Eigenerzeugung (die aktuellen Energiedaten aller ARAs finden Sie im Downloadbereich auf der rechten Seite).
Die in Vorarlberg erhobenen Energiedaten können allerdings nur begrenzt für den direkten Vergleich von Anlagen herangezogen werden. Die Energieeffizienz einer Anlage wird durch die vor Ort eingesetzten technischen Verfahren, insbesondere aber auch durch die Einleiterstruktur der angeschlossenen Gemeinden beeinflusst. Mischwasserkanäle, in denen neben verschmutzten Abwässern auch Regenwasser transportiert wird, führen zu großen Abwasserfrachten in die Anlagen und zusätzlichem Energieaufwand bei der Behandlung und Reinigung. Auch im Verbandsgebiet der ARA Walgau sind speziell ältere Kanäle teilweise noch als Mischwassersystem ausgeführt. Das Trennsystem hingegen hat den Vorteil, dass Abwasserreinigungsanlagen von großen Regenwassermengen entlastet werden und diese für die Aufbereitung einer vergleichsweise geringen und konstanten Schmutzwassermenge ausgelegt werden können.
In der ARA Walgau werden rund 930.000 kWh elektrische Energie jährlich für die Abwasser-behandlung benötigt. Das entspricht dem durchschnittlichen Stromverbrauch von mehr als 200 österreichischen Haushalten. „Die Belüftung des Belebungsbeckens ist mit knapp 60% des Strombedarfs der größte Verbraucher. Zudem wird das Abwasser beim Eintritt in die Anlage fünf Meter hochgepumpt, bevor es automatisch durch die Anlage fließt“, erläutert Dr. Klaus König von der Abteilung Wasserwirtschaft der Vorarlberger Landesregierung.
Mehr als die Hälfte der 930.000 kWh werden in der Abwasserreinigungsanlage selbst erzeugt. Während das anfallende Biogas aus dem anaeroben Abbau im Faulturm anfangs als Nebenprodukt abgefackelt wurde, wird es heute als wertvoller Energieträger im Blockheizkraftwerk (BHKW) verwertet. „Aus einem m3 Abwasser wird auf der Anlage etwa eine kWh Energie produziert“, erläutert Betriebsleiter Anton Brunold. Das BHKW weist eine Leistung von 80 kW auf und produziert jährlich mehr als 500.000 kWh Strom. Während im Sommer ein Großteil der anfallenden Abwärme auf Grund fehlender Abnehmer verloren geht, wird die Abwärme im Winter vollständig für die Beheizung des Faulturms und der Betriebsräume verwendet. Weitere 52.000 kWh werden jährlich durch die 42 kWp-große PV-Anlage auf den Dächern der Abwasserreinigungsanlage umweltfreundlich bereitgestellt.
Zuletzt aktualisiert am 7. Juli 2016