Preiswerter Wohnraum ist rar. Die Bevölkerung wächst, die Mietpreise steigen, junge Familien suchen in ihrer Heimatgemeinde oft vergeblich nach einer größeren Wohnung. Wir als Gemeinde können dazu beitragen, dass erschwinglicher Wohnraum entsteht.

Acht strategische Zugänge zur Schaffung von erschwinglichem Wohnraum empfehlen wir Ihnen:

Geeignete Flächen für Wohnbau festlegen

Flächen für Wohnbauten sind für die Entwicklung unserer Gemeinde entscheidend. Im Räumlichen Entwicklungsplan (REP) ist Wohnen eines der wichtigsten Themen. Diese Flächen sollen möglichst zentral im Ort liegen und für eine dichtere Bebauung geeignet sein, ohne gut genutzte Freiräume zu zerstören.

Wenn die Flächen gefunden sind, müssen wir entscheiden, welche Wohnformen sich an dieser Stelle anbieten und wer den neuen Wohnraum nutzen soll. Es ist wichtig, als erstes einen Planungsprozess mit Bürgerbeteiligung auszulösen. So können wir gemeinsam jene Flächen finden, die für größere Wohngebäude geeignet sind.

Dann werden diese Grundstücke mit der notwendigen Bebauungsdichte im Flächenwidmungsplan festgelegt. Für den räumlichen Entwicklungsplan und die Flächenwidmung ist Unterstützung von Fachplaner*innen notwendig. Das Land bezuschusst die Planungsleistungen.

Flächen, die für förderbaren und geförderten Wohnbau geeignet sind, können wir im Flächenwidmungsplan ausweisen. Dafür gibt es seit 2019 die neue Widmungskategorie „Vorbehaltsfläche für den gemeinnützigen Wohnbau“. Im Gesetzestext heißt es einschränkend: „Eine Widmung als Vorbehaltsfläche für gemeinnützigen Wohnbau schließt jedoch nicht aus, dass die auf diesen Flächen errichteten Gebäude und Anlagen untergeordnet auch für andere Zwecke, insbesondere für sonstiges Wohnen, verwendet werden können.“

Was können wir tun?

  • Im Flächenwidmungsplan Flächen für den förderbaren bzw. geförderten Wohnbau ausweisen
  • Zentral im Ort Flächen für Wohnbau schaffen
  • Einen fachkundig begleiteten Planungsprozess mit Bürger*innen auslösen
Durch Baulandumlegung verdichtete Bebauung ermöglichen

Um im Ortszentrum Mehrfamilienhäuser errichten zu können, müssen oft Grundstücke überplant werden, die verschiedenen Eigentümer*innen gehören. Dafür ist das Umlegungsverfahren ein gutes Instrument. Dazu laden wir als Gemeinde die betreffenden Grundstückseigentümer*innen zu Vorgesprächen ein und stellen ihnen die gewünschte Bebauung vor. Sind sie überzeugt und stimmen zu, wird ein gemeinsamer Vertrag geschlossen. Dieser garantiert gleichen Nutzen und gleiche Pflichten für alle.
Das geht so: Alle Eigentümer*innen treten zu gleichen Teilen Flächen für Erschließung (Straßen, Wege) und Grünflächen ab und profitieren zu gleichen Teilen vom Verkauf wertvollerer Grundstücksfläche für die Bebauung. So werden Vor- und Nachteile über mehrere Eigentümer*innen gerecht verteilt. Zugleich wird eine Bebauung möglich, die sich über mehrere Grundstücke erstreckt. Durch die Umlegung können boden-, erschließungs- und somit energiesparende Strukturen geschaffen werden. Eine solche Baulandumlegung kann von den Eigentümer*innen beantragt oder von der Gemeinde eingeleitet werden.

Was können wir tun?

  • Geeignete Flächen im Ortszentrum suchen
  • Grundstückseigentümer*innen zu Vorgesprächen einladen und ihnen den Nutzen erklären 

Gute Beispiele

Krumbach – ein Beispiel für aktive kommunale Bodenpolitik

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Wohnbauträger einbeziehen

Wenn ein passendes Grundstück für eine Wohnbebauung gefunden ist, kann die Gemeinde einen Wohnbauträger anfragen, der die Überbauung nach eigenen Vorstellungen errichtet. Gemeinnützige oder freie Wohnbauträger können dafür gute Partner sein.

Mit einem Architekturwettbewerb kann nicht nur die Art und Anzahl der Wohnungen festgelegt werden. Auch maßgeschneiderte Lösungen für günstigen Wohnraum, Grün- und Spielflächen, Erschließungen oder Parkplätze werden möglich. Außerdem können energetische oder ökologische Ziele in dem Wettbewerb festgelegt und von der Jury überprüft werden.

Generationenhaus Krumbach

Was können wir tun?

  • Geeignete Flächen im Ortszentrum suchen
  • Kontakt zu Wohnbauträgern suchen und Möglichkeiten ausloten
  • Wettbewerb mit gemeindeeigenen Zielen ausloben
Als Gemeinde selbst planen und bauen

Wir als Gemeinde können auch selber als Bauherrin auftreten und Wohngebäude nach unseren Vorstellungen entwickeln und beauftragen. Dabei können wir alle Entscheidungen selber treffen und Wohnungen behalten und vermieten. Für diesen Fall verteilen wir die Aufgaben in einer Arbeitsgruppe mit einer klaren Aufgabenteilung und beziehen frühzeitig die späteren Nutzer*innen ein.

Quelle: Morscher Bau

Quelle: Morscher Bau

Was können wir tun?

  • Eigene Vorstellungen zum Wohnen in einem Prozess entwickeln
  • Arbeitsgruppe zur Umsetzung bilden
Bonussystem für Wohngebäude im Ortszentrum

Um Anreize für verdichtetes Bauen zu setzen, kann unsere Gemeinde ein Bonussystem anwenden. Die Baunutzungszahl von Grundstücken wird dabei zunächst relativ niedrig angesetzt. Sie kann erhöht werden, wenn Bauwerber gewisse Anforderungen und Kriterien erfüllen. Damit wird ihre Investition wirtschaftlicher und die Gemeinde kann auf diese Weise Einfluss auf die Gestaltung nehmen. Ein Kriterium könnte etwa eine höhere Erdgeschosszone sein, wie sie für Läden und Gewerbe benötigt wird. Auch Anforderungen an Energieeffizienz oder Energieerzeugung können im Bonussystem belohnt werden.

Was können wir tun?

  • Informationen zu Bonussystemen in anderen Gemeinden einholen
  • Anreizsystem für die eigene Gemeinde ausarbeiten

Gute Beispiele

Wohnanlagen mit Mehrwert: Das „Bonus-Punkte-System“ in Lochau

Leerstand erkennen und aktivieren

Eine systematische Erfassung der leerstehenden Gebäude und Flächen in der Gemeinde ist die Grundlage für weitere Überlegungen unserer Verwaltung und der politischen Gremien.

Mit dem Aufbau eines digitalen Leerstandskatasters kann sich unsere Verwaltung eine Übersicht über die Leerstände im Wohn- und Gewerbebereich verschaffen. Der Leerstandkataster bietet eine Vielzahl relevanter Informationen: Lage, Baujahr, Eigentumsverhältnisse, Baurecht, ehemalige Nutzungen. Auch Bilder, Pläne und andere Dokumente können hinterlegt werden. Wichtig zu wissen: Das Leerstandskataster steht aus Datenschutzgründen nur zur internen Verwendung durch die Verwaltung offen.

Oftmals sind Ratlosigkeit und Überforderung der Eigentümer*innen der Grund, dass Gebäude leer stehen oder nicht angemessen genutzt werden. Hilfsangebote unserer Gemeinde können dazu beitragen, leerstehende Flächen wieder einer Nutzung zuzuführen. Wir können ein kommunales Beratungsprogramm auf den Weg bringen. Dazu werden alle Hauseigentümer*innen angeschrieben und gefragt, ob sie Interesse haben, etwas an ihrer Wohnsituation zu verändern. Die Eigentümer, die sich zurückmelden, bekommen dann eine geförderte Sanierungsvorberatung.

Oft wissen Eigentümer*innen nicht, wie sie ihr Gebäude aufteilen können. Eine Idee, wie aus einer Wohneinheit mehrere Wohnungen geschaffen werden können, hilft ihnen weiter. Auch ehemalige Gewerbebauten lassen sich für Wohnkonzepte umnutzen, wenn die Eigentümer*innen bereit sind, sie zu verkaufen oder selber zu investieren.

Bei Leerstand gemeindeeigener Gebäude macht es Sinn, mit einer Arbeitsgruppe ein Nutzungskonzept zu entwickeln. Hierbei sind Fachexpert*innen und Personen aus den unterschiedlichen Fraktionen des Gemeinderates ein sinnvolles Team. Es sollten dabei alle Gebäude der Gemeinde einbezogen werden. Wenn die Gemeinde die Flächen auch in Zukunft nicht benötigt, können manche Gebäude vielleicht für Wohnzwecke umgenutzt werden.

Was können wir tun?

  • Den Leerstand erfassen und abbilden
  • Arbeitsgruppe gegen Leerstand in der Gemeinde bilden
  • Beratung für Eigentümer von leerstehenden Gebäuden

Gute Beispiele

Leerstands-Festival „usgnutzt“, Röthis

Leerstände erfassen und visualisieren – „Ein guter Rat“, Lustenau

 

 

 

Leistbare Bau- und Wohnformen fördern

Für Baugruppen und Wohninitiativen sind die Gemeinden und die Bürgermeister*innen die wichtigsten Ansprechpartner*innen. Wir können als Gemeinde gemeinwohlorientierte Bau- und Wohnformen unterstützen, indem wir gemeindeeigenen Baugrund nicht nach Höchstgebot, sondern nach dem besten Konzept vergeben. Wir können im Flächenwidmungsplan auch direkt Flächen für gemeinwohlorientierte Projekte reservieren. Hilfreich ist ein Erfahrungsaustausch mit anderen Gemeinden in der Region und darüber hinaus. Die Unterstützung gemeinwohlorientierter Bau- und Wohninitiativen leistet einen Beitrag zur nachhaltigen Regionalentwicklung, indem sie Baugrund der Spekulation entzieht, das Zusammenleben der Generationen im Blick hat und den Gemeinschaftssinn stärkt.

Was können wir tun?

  • Erfahrungen mit anderen Gemeinden austauschen
  • Gemeindeeigenen Grund nach bestem Konzept vergeben

 

Die Bevölkerung direkt ansprechen

In einer Veranstaltung können wir unseren Bürger*innen deutlich machen, wie wichtig die Gewinnung von mehr Wohnraum im Bestand für die Gemeinschaft ist. Mit einer besseren Ausnutzung der oft untergenutzten, bestehenden Wohngebäude in unserer Gemeinde können sogar Neubaugebiete vermieden werden.

„Kümmerer*innen“ für gemeinschaftliches Wohnen und Wohnungstausch in der Gemeinde können verschiedene Interessen zusammenführen und das Thema in die Breite tragen.

Das Thema „bezahlbares Wohnen“ sollten wir mit Artikeln im Gemeindeblatt immer wieder in Erinnerung rufen und die Bürger*innen ermuntern, ungenutzte Flächen zu vermieten. Wichtig zu wissen: Über die Plattform „Sicher Vermieten“ können Eigentümer*innen ihre Immobilie ohne Risiko anbieten, denn das Land Vorarlberg, die VOGEWOSI und die Vorarlberger Eigentümer Vereinigung übernehmen die Abwicklung der Mietverträge, die laufende Verwaltung und garantieren pünktliche Mieteinnahmen.

Was können wir tun?

  • Kümmerer für Wohnraumverteilung und Wohnungstausch in der Gemeinde einsetzen
  • Das Thema der unternutzten Flächen immer wieder ansprechen
Zuletzt aktualisiert am 17. Mai 2023