Schließen sich PV-Anlagen und Natur auf dem Dach aus? Welche Kombinationen von Pflanzenwuchs und Photovoltaik auf einem Dach eignen sich am besten? Welche Tücken zeigen sich bei mangelhafter Planung? Wir haben uns diesen Fragen in einem e5-Themenforum gewidmet. Der Besuch von über 40 Teilnehmer*innen zeigte, dass das Thema Gründächer und PV in vielen e5-Gemeinden ein Thema ist.

Gründächer bieten Tieren und Pflanzen gute Lebensräume: schon wenige Monaten nach Anlage eines Gründaches kann sich eine beachtliche Biodiversität auf den Flächen über unseren Köpfen entwickelt haben.

Zudem dienen Gründächer als Retentionsflächen und entlasten das Abwassersystem, die Temperaturen über begrünten Dächern sind deutlich niedriger als auf gekiesten Flachdächern und die Lebensdauer von Flachdächern wird durch den Bewuchs deutlich verlängert.

Allerdings stößt ein Zielkonflikt vielen e5-Kolleg*innen auf, die sowohl naturliebend als auch photovoltaikbegeistert sind: Die Fläche auf dem Dach ist begrenzt. Daher macht es Sinn PV-Anlagen mit Dachbegrünungen zu kombinieren. Auch hier führen viele Wege nach Rom, aber das wichtigste gleich vorweg: eine gute Planung ist unabdingbar.

Naturinklusives Bauen: wohltuend für Mensch und Biodiversität

Zur Einführung ins Thema zeigte Katrin Löning anhand vieler schöner Fotos wie Siedlungs- zu Lebensräumen werden, wenn naturinklusiv gebaut wird. Ihr Botschaft: grüne und lebendige Umgebung erhöht die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen. Und nicht nur das: Naturflächen, grüne Fassaden und Dächer steigern nachweislich den Wert von Immobilien, einfach, weil Menschen eine versiegelte Umgebung als weniger attraktiv empfinden.

So erhält die Stadt Lindau bewusst ihre „Landschaftsfinger“, also Freiflächen, welche die Stadt mit dem Umland verbinden, weil diese Durchlüftung gewähren und Hitzestress verringern. Als positives Beispiel wurde auch die Firma Omicron genannt, die allen Mitarbeiter*innen einen Blick in wild wuchernde Innenhöfe oder in naturnah gestaltete Außenflächen bietet.

Beim Neubau und der Adaptierung der VS Dorf in Lauterach wurde der alte Baumbestand integriert. Eines der vielen positiven Beispiele, welche Katrin Löning beim e5-Themenforum vorstellte.

Zum Abschluss motivierte Katrin Löning die Gemeinden, sich die IMPULS3 Förderung für naturnah gestaltete Gebäude abzuholen und sich bei Interesse am Thema an sie zu wenden.

Photovoltaik und Gründach: gute Planung ist entscheidend

Nach dieser begeisternden Einführung ins Thema widmete sich der Vortrag von Dr. Stefan Brenneisen den Problemen, die bei der Kombination von Dachbegrünung und PV-Anlagen entstehen können.

In einigen Fotos zeigte er, was schlimmstenfalls passieren kann: Die Pflanzen wuchern auch durch kleine Spalten zwischen den PV-Modulen hindurch und bedecken schließlich einen großen Teil der Modulfläche. Dennoch plädierte Brenneisen für die Kombination von PV und Natur, die bei gründlicher Planung durchaus machbar sei.

Ein Negativbeispiel für die Kombination von Dachbegrünung und PV: Regenwasser rinnt von den PV-Modulen in die Spalten. Die verbesserte Wasserzufuhr führt zur Verdrängung der extensiven, niederwüchsigen Pflanzen. Bild links: vor der Dachbegrünung, Bild rechts: nach der Dachbegrünung; Fotos: Stefan Brenneisen

Was ist bei der Planung zu beachten?

Das Höhenwachstum der Pflanzen auf einem Dach wird von der Substratmenge und der verfügbaren Feuchtigkeit beeinflusst. Je weniger von beidem vorhanden, umso weniger „Wucherwuchs“ ist zu befürchten. Doch Vorsicht: Da das Regenwasser vom Modul abläuft und sich an der Kante sammelt, sind die Wachstumsbedingungen vor den Modulen besonders gut. Daher könnten begrünte Dächer, die bisher nur sehr niedriges Pflanzenwachstum zeigen, plötzlich sehr wüchsig werden, wenn PV-Module aufgebracht werden.  

Eine Photovoltaikanlage verändert die Standortbedingungen auf dem Gründach – dies muss bei der Planung berücksichtigt werden, erklärte Stefan Brenneisen.

Daher solle die Substratschicht zumindest bis 50 Zentimeter vor dem Modul weniger als 8 Zentimeter betragen. Dann sei ein Überwuchern kaum zu befürchten. Zudem sei es ratsam, die Module so aufzustellen, dass im Falle des Falles einfach gemäht werden kann. Matten aus Vlies oder Gummischrot seien dagegen keine dauerhaften Lösungen und würden stattdessen schnell zum Problem und Kostenfaktor. Das Aufständern von Modulen sei dagegen eine gute Lösung, um nachfolgende Probleme zu vermeiden.

Alle Beteiligten frühzeitig miteinbeziehen

In der anschließenden Diskussion wurde angemerkt, dass alle Betroffenen schon bei der Projektplanung ins Boot geholt werden sollen, also nicht nur die Planer*innen der PV-Anlage und des Naturdaches, sondern auch z.B. die Stadtgärtnerei, Bauhof-Mitarbeiter*innen, die Gebäudewarte oder Biodiversitätsexpert*innen der Gemeinde.

Für Fragen stehen beide Vortragende weiterhin zur Verfügung und dürfen gerne kontaktiert werden.


Zuletzt aktualisiert am 26. März 2020