Sanierung eines Rheintalhauses aus dem Jahre 1895

Was kann bei der Sanierung eines Rheintalhauses aus 1895 zum Vorschein kommen? Eindeutig ganz viele Überraschungen, schöne wie auch herausfordernde. Günter Geiger und seine Frau Nadine haben nach 10 Jahren in Spanien ihren Wohntraum in Wolfurt verwirklicht. Wir haben mit den Bauleuten und Architektin Andrea Vogel-Sonderegger über den zeitintensiven Prozess und das daraus resultierende gelungene Ergebnis der Sanierung gesprochen. 

Jedes Jahr ziehen wir unter den eingegangenen Kundenbewertungen unserer Partnerbetriebe fünf Gewinner*innen, die als Dank einen Gutschein für ein feines Essen überreicht bekommen. Dabei nutzen wir die Gelegenheit um die Sanierungsgeschichten hinter den Bewertungen in Erfahrung zu bringen.
Große Unterstützung bei der Sanierung erhielten die Bauleute dieses Mal von unseren Partnerbetrieben Architektin Andrea Vogel-Sonderegger und Sanierungsberater Stefan Küng.

Familie Geiger (li) und Architektin Andrea Vogel-Sonderegger (re) bei der Gutscheinübergabe (Fotograf Gerhard Klocker)


Herr Geiger, Sie und Ihre Frau haben 10 Jahre lang in Spanien gelebt, bevor Sie zurück nach Wolfurt kamen. Warum haben Sie sich für dieses Haus entschieden?

G. Geiger: Das Haus ist uns zugefallen, es ist das Elternhaus meiner Mutter. Mein Urgroßvater hat es vor über 120 Jahren errichtet und wir durften es nun erben. Die Auseinandersetzung mit einer bereits gebauten Substanz war für uns etwas ganz Besonderes.
N.Geiger: Nach unserer Rückkehr aus Spanien wollten wir zuerst testen, wie es sich darin lebt, prüfen, ob das Haus überhaupt zu uns passt. Es wurde ja ursprünglich für eine neunköpfige Familie gebaut und wir sind nur zu fünft.

Das Haus scheint Sie überzeugt zu haben. Sie haben es zu Ihrem gemacht. Wer heute das Haus betritt, findet Ornamentfliesen in Blautönen, Natursteinmauern und mit Erdtönen verputzen Wände. Man glaubt fast, in einer geerdeten spanischen Finca zu sein.

N.Geiger: Ja, es war bald klar, dass wir uns den Herausforderungen stellen und das Haus zu unserem machen möchten, wie Sie es ausdrücken.


Welche Herausforderungen waren das?

G.Geiger: Lange konnten wir uns nicht vorstellen, wie es werden sollte. Geholfen hat uns, dass wir den Abbruch großteils selbst machten. Die direkte Auseinandersetzung mit dem Bestehenden war für uns ein wichtiger, aber auch kräftezehrender Prozess, bei dem das Bild unseres künftigen Zuhauses immer klarer wurde.
N.Geiger: Wir mussten unsere Ideen und Pläne oft hinterfragen, prüfen, ob sie überhaupt realisierbar sind. Denn zum Vorschein kam so einiges: ungleiche Setzungen von Gebäudeteilen, einsturzgefährdete Decken im Innenraum oder ein Holzboden mit Wurmbefall. Aber auch wunderbare Kalksteinmauern, ein Ziegelgewölbe, Holzstrickwände oder aufwendig ausgeführte Fensterläden, schöne Sandsteinrahmen und Beschläge sowie tolle alte Möbel.
G. Geiger: Genau. Den Boden wollten wir zum Beispiel erhalten, aber wie gesagt war der Wurm drin. Also musste er raus. Dafür haben wir jetzt eine Fußbodenheizung, die vorher nicht angedacht war.


Da waren viel Flexibilität und Planungskompetenz gefragt. Haben Sie alles in Eigenregie gemacht oder hatten Sie Unterstützung?

 G. Geiger: Anfangs dachte ich, dass ich selbst als Generalunternehmer tätig sein könnte. Ich stellte aber rasch heraus, dass ich unerfahren wie ich war, Hilfe brauchte. Wir haben uns daher auf die Suche nach einer Bauleitung gemacht und sind dabei auf Andrea Vogel- Sonderegger gestoßen.
N. Geiger: Ohne sie hätten wir wahrscheinlich aufgegeben. Eine Sanierung wie unsere, bei der man plötzlich in einem komplett ausgehöhlten Haus steht und sich fragen muss, ob das jemals etwas wird, ist sehr anstrengend. Andrea war uns in dieser Zeit mit ihrer Ruhe, Gelassenheit und Erfahrung eine große, auch psychologische Hilfe.
G. Geiger: Ja, und da sie die gleichen Visionen für unser Haus hatte und wir ähnlich dachten, klappte die Zusammenarbeit perfekt. Wir haben uns gut aufgehoben gefühlt und das Ergebnis spricht für sich.

Wir sprechen heute via Zoom miteinander, im Hintergrund sehe ich ein großartiges offenes Ziegelmauerwerk mit Holzbalken. Frau Vogel-Sonderegger, könnten Sie uns bitte schildern, welche Baumaßnahmen bei der Sanierung vorgenommen wurden?

A. Vogel-Sonderegger: An der der Grundkonzeption musste nur wenig geändert werden. Da das Haus an einer stark befahrenen Straße liegt, haben wir den Zugang auf die Gartenseite verlegt. Dort haben wir den desolaten Garagenanbau entfernt und durch einen wesentlich längeren breiten Balkon ersetzt. Dieser dient jetzt im Erdgeschoss zum einen als Terrassenüberdachung und als gedeckter Zugang für das Haupthaus und die Einliegerwohnung.

Im Haus haben wir zwei Räume zusammengelegt und konnte dadurch einen Koch- und Essraum mit Blick in den Garten schaffen und angrenzend ein Rückzugswohnzimmer mit Ziegelgewölbe. Nach Westen hin haben wir das Gebäude mit mehreren größeren und kleineren Fenstern geöffnet und haben so mehr natürliche Belichtung.

N. Geiger: Mich als Archäologin hat vor allem das Ziegelmauerwerk begeistert, das Sie hier sehen. Wir haben es mit viel Liebe zum Detail bearbeitet und als stimmungsgebendes Raumelement aktiviert.


Neben dem respektvollen Umgang mit dem Altbestand war für Sie auch der Blick auf die Nachhaltigkeit etwas ganz Wichtiges. Welche Maßnahmen wurden hier getroffen?

G. Geiger: Die wichtigste Entscheidung war, dass wir sanieren und nicht abbrechen und neu bauenWir haben sehr viele Baumaterialien aus dem Abbruch wiederverwertet, vor allem das Holz. Aus den alten Dielen haben wir zum Beispiel Möbel gebaut. Ich hatte das zuvor noch nie gemacht, aber es war den Versuch wert. So ist zum Beispiel unser Badezimmerschrank entstanden.

N. Geiger: Es ist für uns auch nachhaltig, dass wir eine Einliegerwohnung realisieren konnten. Derzeit lebt meine Mutter dort und das ist, gerade wenn man Kinder hat, ideal. Und wir haben nicht nur Neues aus Bestehendem geschaffen, sondern viele Möbel, die im Haus waren und mit einer Geschichte versehen sind, wieder aufgewertet und genutzt. Und natürlich ist auch der Garten mit den alten Obstbäumen ein wichtiges Element für uns.

A. Vogel-Sonderegger: Nicht zu vergessen ist natürlich auch, dass alle Wände thermisch ertüchtigt und dreifach verglaste Fenster, sie entsprechen der ursprünglichen Typologie, eingesetzt wurden. Und in einem nächsten Schritt sind energetische Adaptionen wie zum Beispiel Solaranlage und Wärmepumpe geplant.

Könnten Sie zum Schluss noch etwas aus dem Nähkästchen plaudern und uns von Ihrer ganz besonderen Entdeckung erzählen?

N. Geiger: Wir wussten, dass im Haus früher mal eine Stickerei war. Als wir eine Wand herausgenommen haben, sind plötzlich Musterbahnen von Stickereien zum Vorschein gekommen. Richtig schön gezeichnete Stickmuster. Wir haben alle aufgehoben und überlegen gerade, wie wir sie künftig im Haus platzieren werden.

Ich bin mir sicher, dieser Platz wird gefunden und es wird dem Haus noch ein wenig besonderer machen. Abschließend, was ist ihr Fazit?

Beide: Für eine Sanierung braucht man Geduld. Am wichtigsten ist es, sich Zeit zu nehmen, genau zu analysieren was man will und was das Haus geben kann und beim Abriss mitzuarbeiten. Denn man muss das Haus spüren und kennenlernen. Dieser Prozess dauert, aber es lohnt sich, sich darauf einzulassen. Heute genießen wir unser Zuhause in vollen Zügen und sind uns sicher, dass wir noch viele Jahre darin glücklich sein werden.


Herzlichen Dank für das Gespräch.

 

Mehr Informationen und Details über diese gelungene Sanierung finden Sie in unserer Sanierungsgalerie!

Fotonachweis: Fotograf Gerhard Klocker und privat

Architektin Andrea Vogel-Sonderegger und Sanierungsberater Stefan Küng sind Mitglieder bei der Plattform Partnerbetrieb Traumhaus Althaus. Erfahren Sie mehr über die Sanierungs-Spezialist*innen www.partnerbetrieb.net

Der Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit Julia Weger (Wegweiser – Büro für nachhaltige Ideen) erstellt.


Zuletzt aktualisiert am 6. Mai 2022